Tiefere Einblicke

Shoto-Kempo-Ryu (vollständig: Shoto Shorinji Kempo Ryu Aidokan Zen Budo Karate Do) ist ein auf den körperlich-technischen Prinzipien und geistig-philosophischen Traditionen der originären Budo-Kampfkunst basierendes, sino-japanisches Karate-Do (bzw. Kempo-) System.

Do / Weg:

Wesentlich ist die Theorie und Praxis als WEG (Do) – nämlich entsprechend der ursprünglichen Auffassungen als yogisch-dynamischer, ganzheitlicher Körper-Geist-Weg, als Übungs-Weg der Selbst-Erforschung, Selbst-Erfahrung und Selbst-Erkenntnis.

Damit wird seine primär „esoterische“, d.h. innere, spirituelle (und somit nicht primär sportliche) Orientierung und sein erzieherischer, Persönlichkeit fördernder (und auch selbsterzieherischer wie therapeutischer) Anspruch, letztlich sich selbst – und nicht bloß irgendeinen äußeren Gegner – zu besiegen, zum Dreh- und Angelpunkt der Übung.

Etablierung:

Shoto-Kempo-Ryu Karatedo ist ein anerkanntes und in der Literatur verbrieftes Lehrsystem:

Laut Budo-Lexikon (Berlin 1997) ist Shoto-Kempo-Ryu Karatedo „ein psychoesoterischer Karatestil“ und als „Variante des Shorinji-ryu und Shotokan-ryu“ (S.797) einer der „wichtigsten Stile mit der Bezeichnung ‚Kempo'“(S.449) .

Ferner wird sie gesehen als eine „moderne Kampfkunst auf der Basis psychologischer Erziehungsgrundlagen“ (S.797), „gegründet von Jörg-Michael Wolters“ (S.420), einem „Wegbereiter des Karate in Deutschland“ (S.425), der sich auch einen Namen gemacht hat vor allem unter dem Zeichen „Karate gegen Gewalt“ (S.450).

Laut Lexikon der Kampfkünste (Berlin 1999) ist SHOTO-KEMPO-RYU eine „Kampfkunst gegründet von Dr. Jörg-Michael Wolters, der vor allem unter dem Zeichen >Karate gegen Gewalt< unterrichtet“ (S. 559). „Wolters machte sich in den letzten Jahren einen Namen durch sein Konzept ‚Gewaltfreiheit durch Kampfkünste'“ (S. 655).

Shoto-Kempo wird als etablierter Stil sowohl in den wichtigsten japanischen Budo- und Karatedo-Organisationen geführt, als auch z.B. im Shaò Lin Tsu – Shìjiè Hézuò, China, im International Kojo-Ho Federation Dictionary und World Martial Arts Dokumentation Center, USA. Ferner wird Shoto-Kempo auch im Kungfu Wushu Style Infoboard sowie in der deutschsprachigen Fachliteratur – u.a. im „Shaolin-Lexikon Wu Shu – Faszination China und asiatische Kampfkünste“ (2001), im „Lexikon der Stile, Waffen und Begriffsklärungen aus Kampflust, Kampfsport und Selbstverteidigung“ (2012) oder im „Lexikon des Kämpfens“ (2015) gelistet.

Zahlreiche Publikationen über unseren Stil wurden mehrsprachig u.a. in der Zeitschrift Budo International veröffentlicht. Auch in den deutschen Karate-Zeitschriften wurde publiziert.

Grundlagen

Zu den grundsätzlichen technischen „Spezialitäten“ des Shoto-Kempo-Ryu zählen typische Stellungen (Tachikata; bes. Shiko-Dachi), Stoßtechniken (Tsuki-Waza; bes. Ippon-Ken und Tate-Tsuki), Schlagtechniken (Uchi-Waza; bes. Shuto-Uchi), Armabwehrtechniken (Te-ude Uke-Waza; bes. als Hebel eingesetzt), Tritttechniken (Keri-Waza), Beinfegetechniken (Ashi-Barai-Waza; bes. auch Würfe) und Beinabwehrtechniken (Ashi-Uke-Waza; bes. Ashibo-Kake-Uke).

Weitere Besonderheiten des stilübergreifenden, damit technisch äußerst vielseitigen Karatedo-Systems zählen vor allem der ganz extreme Hüfteinsatz (z.B. aus Shiko-Dachi in Gyaku-Tsuki/Zenkutsu-Dachi), die Gleichzeitigkeit von Konter- und Gegenangriff (z.B. Nagashi-Uke/Tate-Tsuki oder Soto-Kake-Uke/Tate-Tsuki/Fumikomi-Geri), die Anwendung von Kombinationsketten (möglichst mit Abschluß Ashi-Barai oder Kani basami mit Tsuki/Geri), die psycho-physische Betonung der Elemente (nach dem I-Ging wie „Feuer, Erde, Wasser, Luft und Metall“ in allen Kihon-, Kumite- und Kata-Bewegungen) sowie im Kobudo (Bo, Tonfa, Sai und Katana-Jutsu). Es werden neben historischen Karate-Kata eigene Shoto-Kempo-Ryu-Kata (vor allem im Hart/Weich-Wechsel – Goho/Juho) gelehrt.

Hintergrund

Shoto-Kempo-Ryu Karatedo basiert auf der Schule des traditionellen Shorinji-Karatedo, das ursprünglich von dem japanischen Großmeister Doshin So als Shorinji-Kempo (in Anlehnung an die originäre chinesische „Shaolin“-Kampfkunst) entwickelt wurde und auf zenbuddhistischer Tradition fusst. Shoto-Kempo-Ryu Karatedo ist wiederum eine Interpretation und Weiterentwicklung von Dr. Jörg-Michael Wolters Sensei, der langjähriger Praxis als Karatedo-Lehrer (6. DAN) sowie intensiver wissenschaftlicher Erforschung des traditionellen Budo dieses System als eine technisch vielfältigere Ableitung konzipierte:

Bei Beibehaltung der wesentlichen Lehrinhalte in Theorie und Praxis des traditionellen, originären Karate-Do sowie der geistigen Anforderungen an den Schüler im Sinne des Budo beinhaltet das System des Shoto-Kempo-Ryu Karatedo Karatetechniken ganz unterschiedlicher Schulen und Richtungen (Ryu). Da hier keine stilistischen bzw. jeweils stil-typischen Reduzierungen der Karate-Stände, -Schritte, -Schläge, Stoß-, Tritt- und Block-Techniken oder Kumite- (Kampf-) und -Kataformen mehr vorgenommen werden, ist Shoto-Kempo-Ryu Karatedo ein stil-„übergreifendes“ Karatedo-System.

In ihm sind Techniken ansonsten konkurrierender Stile integriert, so daß neben den alten „Shaolin-Ch´üan“ – Kampfmethoden bzw. Shorinji-Kempo, dem Okinawa-Te (Shuri-Te und Tomari-Te als Shorin-ryu, Naha-Te als Shorei-ryu) auch Techniken des japanischen Shotokan-ryu, Wado-ryu, Goju-ryu und Shito-ryu-Karate sowie anderen zusammengefaßt und einem verbindenden Lehrsystem vereinigt sind.

Beispielsweise bilden die tiefen Stellungen und kraftvollen-dynamischen Bewegungsprinzipien des Shotokan mit seinen vielen Kata-Fromen den soliden Grundstock des Shoto-Kempo-Ryu Karatedo, der jedoch um die flexiblen, gleichsam hart-weichen und besonders die Atmung und innere Kraft (Ki) betonenden Prinzipien des Goju-ryu und Wado-ryu ergänzt wird.

Aus dem Kempo-Karate wiederum ist die Betonung gleichzeitiger Block- und Konteraktionen und der Fußfegevarianten im Kampf übernommen. Hebel-, Griff-, Wurf- und Haltetechniken, die heute besonders im Judo oder Jujutsu praktiziert werden, aber auch im ursprünglichen Karate-Do vorkamen, sind in das Shoto-Kempo-Ryu Karatedo -System integriert worden. Das betrifft auch die nachgebenden Umlenkungsmanöver des Aikido oder die im infight effektiven Offensiv- und Nahdistanz-Techniken des Wing Tsun Kung Fu (Kettenfauststösse und Chisau), die hier wieder auf der Grundlage karate- und kempospezifischer Bewegung (Kakie) und Taktik (Go no sen, Sen no sen) zur Anwendung kommen.

Neue Techniken können nicht mehr „erfunden“ werden – wohl aber eine eigenständige Theorie und Praxis ihrer Anwendungen und Kombinationen zu einem in sich logischen, effektiven und letztlich auch autonomen System. Die Bewegungsprinzipien und darauf basierenden eigenen Kata (Formen) haben so einen unverwechselbaren, einzigartigen Charakter.

Der Umgang mit den traditionellen Kobudo- oder auch Samurai-Waffen wie Bo, Tonfa, Sai oder Bokken und Katana ist ebenfalls Bestandteil des umfangreichen Lehr- und Prüfungsprogramms des Shoto-Kempo-Ryu Karatedo. T’ai Chi Chuan (Yang-Stil) sowie Za-Zen-Meditation erweitern die „äußeren“, eher harten Karatedo-Aspekte durch fließende und ruhige, mentale Wahrnehmung wie Konzentration schulende, d.h. „innere“ und weiche Aspekte zu einer ganzheitlichen Kampfkunst-Schulung.

Ein ganz zentraler Schwerpunkt dieses Systems aber ist (neben seiner Technikvielfalt und Offenheit gegenüber anderen Budodisziplinen) vor allem sein „geistiger“ Anspruch. Das Verständnis vom rechten Betreiben des Kara-Te als Do, als einen körperlich-geistigen Schulungsweg des ganzen Menschen hebt diese Kampf-KUNST über Kampf-Sport weit hinaus.

Der Wettkampf und die Bewertung rein äußerlicher Leistungskriterien (Gürtel, Titel, Pokale usw.) werden als „Verwestlichung“ und Pervertierung des originären Karate-Do im Sinne eines (Lebens-)Weges betrachtet. Die wahre Kunst des Karate-Do ist nicht einen Gegner, sondern sich selbst zu besiegen.

Daher beruht im Shoto-Kempo-Ryu Karatedo die Bewertung des individuellen Erfolges auf der Betonung innerer Werte, die sich aus der intensiven Karate-Do-Praxis ergeben. Denn der Weg ist an sich schon das Ziel. Die Auseinandersetzung selbst, die Entwicklung, Reifung und das persönliche Wachstum begründen die eigentlichen Fortschritte im Karate-Do.

Dieses traditionelle Verständnis von Karate-Do, die Übungen und die Arbeit an ihnen als einen körperlich-geistigen Prozess zu begreifen, entspricht den ursprünglichen Anschauungen der Begründer der frühen asiatischen Kampfkünste. Diese konzipierten ihren Körper- und Bewegungsmethoden auf der Grundlage der Philosophien des Yoga, der Yin-Yang-Theorie, des Konfuzianismus, des Taoismus und des Buddhismus. Diese Philosophien und Lebensideologien begründeten und beeinflussen auch heute das Wesen der traditionell betriebenen Kampfkünste sehr nachhaltig. Das japanische Budo und chinesisch-okinawa-japanische, also ursprüngliche Karate-Do wurde und wird dabei besonders durch den Zen-Buddhismus geprägt, der – vom legendären „Vater“ des Shaolin- bzw. Shorinji-Boxens – Bodhidarma (chin: Ta Mo, jap: Daruma) entwickelt wurde.

Shoto-Kempo-Ryu Karatedo ist eine diese geistigen Prinzipien entscheidend und als wesentlich berücksichtigende Kampf- und Lebens-Kunst.

Das ursprüngliche Wesen des Budo bewahrende Übungen werden durchaus auch mittels „moderner“ Methoden praktiziert, z.B. durch den Einsatz von rhythmischer oder meditativer Musik (auch „selbstgemachter“ Percussion) oder in der Verbindung mit westlichen Entspannungsverfahren.

Die „geistigen“ Spezialitäten des Shoto-Kempo-Ryu finden ihren offensichtlichen Niederschlag in einer strengen und an der traditionellen BUDO-Weg-Lehre (Shu-Ha-Ri, Uchi-Deshi/Soto-Deshi usw.) festgemachten Budo-Etikette und Budo-Ethik (Wertschätzungs-Übungen), der intensiven Meditationspraxis (Za-Zen), Selbsterfahrungs-Übungen der „Inneren Kampfkunst“ (Shambhala) und den Lehrgesprächen (Mondo), vor allem aber im gemeinsamen Geist der Übenden und des Übens im Dojo sowie der persönlichen Lehrer-Schüler-Beziehung („Von-Herz-Zu-Herz“ / Ishin-Denshin).

Shoto-Kempo-Ryu Karatedo als Weg zum Friedvollen Krieger eine Kampf-KUNST – kein Kampf-SPORT, ist eher „Erkenntnisboxen“ als etwa Kickboxen, ist ganzheitliche Selbstschulung und nicht nur reine Selbstverteidigung. . .

Oberhaupt bzw. oberster Lehrmeister (Sôke) ist Doshin („Weg-Herz“) Dr. phil. J.-M. Wolters Sensei, Karatedo Hanshi, „Intensiv-Karateka“ seit 1978, Mitglied führender nationalen und renommiertester internationaler Budo- und Karate-Organisationen, Begründer der AIDOKAN-UNION FRIEDVOLLER KRIEGER (PEACEFUL WARRIOR MARTIAL ARTISTS UNION).

Neben den Lehrinhalten im Bereich Kihon, Kata, Kumite, Kobudo, sowie Za-Zen und T’ai Chi nimmt Mondo (das Lehrgespräch) eine besondere Rolle ein, in der die theoretischen Fragen und Probleme der Schüler mit dem Meister geklärt werden. Die Übertragung der moralisch-ethischen Prinzipien (wie z.B. der Friedfertigkeit gegenüber Mensch, Tier und Natur) und Budo- Tugenden (wie z.B. der Demut, Bescheidenheit und Großherzigkeit) auf das Leben im Alltag stehen dabei im Vordergrund.

Shoto-Kempo-Ryu Karatedo ist ein Weg (Do), eine Methode / eine Schule (Ryu), sich selbst in den Griff zu kriegen, seine eigenen Schwächen zu bekämpfen und Stärken zu entwickeln – es ist harte Arbeit an und mit sich selbst. Dieses Studium und diese Lehre dauert lebenslang und bewährt sich erst im wirklichen Leben, im hektischen und grauen Alltag – nicht nur im Dojo.

Deshalb wird im Shoto-Kempo-Ryu Karatedo großer Wert auf die Einhaltung der (Dojo- und Lebens-) Regeln, der „Et(h)ikette“ (Rei-Ho) sowie eine besondere Lehrer-Schüler-Beziehung (Ishin-Denshin) gelegt, die respektvoll, vertrauensvoll und „familiär“ sein soll. Der Meister/Lehrer wird zum Meister/Lehrer erst durch die Anerkennung und das Vertrauen seiner Schüler gemacht – und umgekehrt, der Schüler zum Schüler erst durch seinen Meister/Lehrer…